Trinkräume
Immer mehr Menschen halten sich aus verschiedensten Gründen tagsüber draußen auf den Straßen auf – auch solche, die über eine eigene Wohnung verfügen. Öffentliche Plätze und Parkanlagen dienen ihnen dann als Treffpunkte, um den Tag gemeinsam gestalten zu können. Die Folge: Anwohnende und Gewerbetreibende fühlen sich an solchen viel frequentierten, innerstädtischen Plätzen durch „Szenetreffs“ häufig belästigt.
Die vom Kieler Anker mit Unterstützung der Stadt Kiel angebotenen Trinkräume – in der Kieler Schaßstraße 4 und in der Kaiserstraße 57 – bieten eine Alternative. Menschen, die sich sonst auf öffentlichen Plätzen bewegen würden, können sich dort werktäglich in geschützten Räumen aufhalten und auch niedrigprozentigen, selbst mitgebrachten, Alkohol konsumieren. Alkoholfreie Getränke werden zum Selbstkostenpreis abgegeben. Haustiere sind willkommen. Das Aufenthaltsangebot wird von der Szene sehr stark angenommen.
Bei der Konzeptionierung der sogenannten Trinkräume ist HEMPELS (einer unserer Gesellschafter, aus deren Arbeit der Kieler Anker hervorgegangen ist) von der Annahme ausgegangen, dass eine Einrichtung nur dann nachhaltig von seiner Zielgruppe genutzt wird, wenn die Betroffenen – viele mit starkem Alkoholkonsum und teilweise entsprechendem Verhalten – dort auch Akzeptanz für ihre Situation finden. Der Trinkraum ist deshalb auch niedrigschwellig konzipiert. Ein Besuch setzt nicht zwingend voraus, zugleich auch sozialpädagogische Angebote annehmen zu müssen. Das Miteinander steht im Mittelpunkt und unsere Gäste werden unterstützt, sich in ihren Trinkräumen einzubringen.
Denn mit ordnungsrechtlichen und pädagogischen Maßnahmen allein, lassen sich nach allen bisherigen Erfahrungen die auftretenden Probleme nicht lösen. Solche Maßnahmen führten in der Vergangenheit meist lediglich zu einer örtlichen Verlagerung der „Szenetreffs“. Eine nachhaltige Bearbeitung dieses Problemfeldes ist mangels zielgruppengerechter Angebote in räumlicher Nähe zu den Treffpunkten nicht möglich.
Als Trinkraum in Kiel-Mitte wird das Vereinscafé „Zum Sofa“ in der Kieler Schaßstraße 4 genutzt. Als Trinkraum in Kiel-Gaarden dient eine ehemalige Eckkneipe in der Kaiserstraße 57. In der Schaßstraße kümmern sich zwei Mitarbeitende um die Abläufe im Trinkraum, in Gaarden sind es zwei Mitarbeitende sowie zwei Ehrenamtliche. Hier werden Aufenthaltsmöglichkeiten und auf Nachfrage der Besuchenden auch eine Sozialberatung und eine Geldverwaltung angeboten.
Der Konsum niedrigprozentigen Alkohols wird akzeptiert und nur unbedingte Verhaltensregeln vorgegeben. Menschen aus unserem Umfeld werden in den Einrichtungen beschäftigt und eingebunden. Die Einrichtungen dienen auch als Ausgabestellen des HEMPELS Straßenmagazins an seine Verkaufenden und bieten damit auch gemeinsam mit HEMPELS Zugang zu weiteren Beschäftigungsmöglichkeiten im Straßenmagazin.